Das deutsche Kaiserreich 1871-1918

Geschichte interaktiv 3

Auch für jüngere Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar formuliert und hervorragend präsentiert. – Die Anne Roerkohl dokumentARfilm GmbH verspricht zeitgemäße Medienpädagogik und kann dieses Versprechen gut halten.


Die folgenden Rezensionen beziehen sich auf die Erstveröffentlichung der Filme auf der DVD Das deutsche Kaiserreich 1871-1918.

Geschichte interaktiv: Das Deutsche Kaiserreich

von Matthias Schmid


In sieben Modulen führt die vorliegende Neuauflage "Das deutsche Kaiserreich" aus der Reihe "Geschichte interaktiv" in jene Epoche ein, die den deutschen Nationalstaat begründete. Ganz in diesem Sinne beschäftigen sich die ersten beiden Module mit der Reichsgründung anno 1871 sowie dem "Reichsmacher" Otto von Bismarck. Die drei darauf folgenden Module rücken dagegen die Wirtschafts-, Sozial- und Gesellschaftsgeschichte des Deutschen Reiches ins Zentrum. Daran schließt sich je ein Modul zu Wilhelm II. und zum Ersten Weltkrieg an.
Wie gewohnt sind die einzelnen Module in sich abgeschlossen und können dadurch flexibel eingesetzt werden. Auch finden sich durchgehend Unterkapitel, die ebenfalls individuelle Anknüpfungspunkte ermöglichen. Auffällig ist, dass immer wieder einzelne Persönlichkeiten als Fallbeispiele rahmend oder retardierend (zum Beispiel Bismarcks Gegenspieler Ludwig Windthorst) eingebunden werden. Besonders ausgeprägt ist dies vor allem im Modul zur Industrialisierung der Fall, bei dem sogar ein Interview mit einem Zeitzeugen des Bergarbeiterstreiks integriert wird.


Sehr interessant ist insbesondere die Perspektive des Hauptfilms, der vor allem die im Kaiserreich entstandenen Nationaldenkmäler in den Mittelpunkt rückt. Auch wenn die einzelnen Module vielfältige Aspekte abdecken, so werden manche sicherlich den ein oder anderen Aspekt wie den deutschen Kolonialismus, der nur am Rande erwähnt wird, oder die Emser Depesche vermissen.


Neben Gemälden, Karikaturen und anderweitigem zeitgenössischen Bildmaterial sind Immer wieder auch Originalaufnahmen enthalten, die vorlagenbedingt keine allzu gute Qualität aufweisen. Hinzu kommt, dass deren Erkenntniswert zum Teil begrenzt ist und eher eine Scheinatmosphäre suggerieren. Kritisiert werden müssen auch die eingesetzten Spielfilm-Szenen, zum Beispiel Kriegsszenen im Vorfeld der Reichsgründung oder auch jene zur Untermalung der Aussagen des erwähnten Zeitzeugen, da diese weitgehend ohne Titel-Angaben eingesetzt und durchgehend unkommentiert bleiben. Lediglich eine kurze Einblendung dient zumindest als Hinweis, dass es sich um keine Originalaufnahmen handelt. Problematisch ist diese Verwendungsweise vor allem bei einem Spielfilm-Ausschnitt mit einer Ansprache Wilhelms II., weil hier kein einordnender Hinweis auf den Originalwortlaut oder den Ort der Ansprache erfolgt.


Deutlich gelungener ist da schon die Einbindung von Karikaturen im Modul zu Otto von Bismarck, da hier immer wieder bildliche Elemente sprachlich aufgegriffen werden, zum Beispiel "Das Spiel beginnt" in Anlehnung an das Schachspiel zwischen Bismarck und Papst Leo XIII., wodurch eine gelungene Symbiose aus bildlicher und inhaltlicher Darstellung gelingt. Dennoch kann In der Gesamtheit ein etwas weniger sorgsamerer Umgang mit dem Bildmaterial als in neueren Produktionen der Reihe beobachtet werden.


Die als Download bereitgestellten Arbeitsanregungen zeichnen sich durch eine gute Mischung zwischen der Aneignung von Sachinformationen und kompetenzorientierten Produktionsaufgaben aus. Gerade die vertiefenden Aufgaben gehen dabei oft über den Film hinaus (oftmals können sie - im Gegensatz zu neueren Produktionen der Reihe - auch ohne den Film selbst bearbeitet werden) und sichern mit weiterführenden Quellen- und Darstellungstexten ein tieferes Verständnis.



FAZIT: Trotz der einzelnen Schwächen eine gelungene Neuauflage mit vielfältigen Ansatzpunkten.


lbib.de/Das-Deutsche-Kaiserreich-Neuauflage-1871-1918-92220 (12.06.2024)

Der DVD „Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918“ liegt ein klar strukturierter Aufbau zugrunde: Einem Hauptfilm, in dem ein gesamtheitlicher Überblick über die Zeit des Deutschen Kaiserreiches gegeben wird, folgen einzelne Module, die sich vertiefend mit Einzelaspekten beschäftigen (z.B. Reichsgründung, Industrialisierung und soziale Frage, Wilhelminische Gesellschaft, Erster Weltkrieg usw.).


Für den Einsatz im Unterricht erweist sich die DVD als sehr geeignet, da es sich um abgeschlossene „Kurzeinheiten“ handelt, die unabhängig voneinander genutzt werden können. Praktikabel sind die Beiträge vor allem auch deshalb, weil sie selten mehr als 15 Minuten in Anspruch nehmen, so dass sie unkompliziert in den Unterricht integriert werden können, ohne diesen vollständig zu dominieren.


Hervorgehoben werden sollte auch der sachliche Ton der Beiträge, die nicht mit reißerischer Musik oder dramatisierenden Kommentaren arbeiten und sich so wohltuend von anderen Produktionen abheben, deren Hauptaugenmerk oft darin zu liegen scheint, vor allem Zuschauer mit geringer Aufmerksamkeitsspanne zu emotionalisieren.


Erwähnenswert erscheint auch die in den Einstellungen angebotene Option, sich zwischen englischer oder deutscher Sprache zu entscheiden, wodurch sich ein großer Mehrwert für eine bilinguale Unterrichtsgestaltung bietet.


In Bezug auf das didaktische Begleitmaterial, das sich auf der Internetseite des Verlages herunterladen lässt, ist zu betonen, dass sich die Reihe deutlich fortentwickelt hat. Zu jedem Modul werden zahlreiche Arbeitsaufträge angeboten, die entweder die Filme begleiten (z.B. Frage- oder Beobachtungsbögen) oder sich mit einzelnen Gesichtspunkten vertiefend auseinandersetzen (z.B. Bild- bzw. Karikaturanalysen, Arbeit mit Textquellen). Zusätzlich sind jeweils didaktisch-methodische Kommentare vorhanden, die verschiedene Anregungen geben und daneben auch – stellenweise noch etwas allgemein gehalten – mögliche Ergebnisse skizzieren. Die Materialien sind mit Bedacht ausgewählt und werden z.B. im Fall von Karikaturen oder Fotos in wirklich hervorragender Qualität angeboten. Die Quellenangaben finden sich in gebündelter Form am Ende des didaktischen Materials, hier wäre es wünschenswert, wenn diese auch auf den jeweiligen Einzelblättern abgedruckt wären, die man ja dann im Unterricht einsetzt.


Insgesamt betrachtet ist das modulare Medienkonzept zum Deutschen Kaiserreich wirklich eine Empfehlung wert.


(Malte Erhardt ist Lehrer für Geschichte am Gymnasium)

Rezension zu Geschichte interaktiv Nr. 3  Kaiserreich 1871-1918, Überarbeitung 2016


So unterschiedlich die Geschichtscurricula in den einzelnen Bundesländern auch immer gestaltet sein mögen, die Erarbeitung des deutschen Kaiserreiches von 1871 bis 1918 - einer entscheidenden Schnittstelle in der deutschen Geschichte - ist in allen Bundesländern verankert.


Daher kommt die Überarbeitung der ersten Fassung von Geschichte interaktiv Nr. 3 aus dem Jahre 2006 gerade recht. Es hat sich in der Zwischenzeit viel getan, sowohl in fachwissenschaftlicher Hinsicht als auch in methodisch-didaktischer Ausrichtung. Die Hör-Seh-Gewohnheiten unserer Schülerklientel haben sich verändert. Mit den längeren Erläuterungen aus dem Off kommen die Lerner nicht mehr so gut zurecht.


Weshalb lohnt sich die Anschaffung der neuen Fassung für die Schule, wo doch inzwischen so viel Material online verfügbar ist?


Der Hauptfilm bietet wie gewohnt in insgesamt 24 Minuten einen sehr guten Überblick über die gesamte Zeit des Kaiserreiches. Da der Hauptfilm in fünf Kapitel unterteilt ist, kann die Lehrkraft sich jedoch auch entsprechend den Anforderungen der jeweiligen Lerngruppe für eine weitere Aufteilung des Überblicks in kleinere Bearbeitungsschritte entscheiden. Jedes Kapitel wird durch Beobachtungs- und Arbeitsaufträge unterstützt. Allein die auf der Webseite angebotenen Materialien stellen eine erhebliche Arbeitserleichterung in der Vorbereitung dar.


Die Filmbeiträge, die zum Teil von der Autorengruppe selbst erstellt wurden, wurden explizit für den schulischen Einsatz ausgewählt und zusammengeschnitten. Schon dies stellt einen großen Vorteil dar, auch wenn es unzählige unsortierte Angebote im Netz gibt.


Besonders für Schülerinnen und Schüler der Sekundarstufe I ist die inhaltliche Herangehensweise ansprechend, da die Entwicklung der Kaiserzeit anhand der damals errichteten Nationaldenkmäler aufgerollt wird.  Heute scheinen die Denkmäler eher touristisches Ausflugsziel zu sein, damals aber trugen sie entscheidend zur Bildung eines deutschen Nationalbewusstseins bei. Wie politisches Geschehen die Wirkungsabsicht und Sinnstiftung beeinflusst, wird in den Kapiteln des Hauptfilmes und in den nachfolgenden sieben Modulen einleuchtend visualisiert und mündlich erläutert. Die Erläuterungen sind auch für jüngere Schülerinnen und Schüler nachvollziehbar formuliert und hervorragend präsentiert. Dies gilt für die deutsche wie auch die englische Tonspur. Die Verbindung zur weiteren Umdeutung der Nationaldenkmäler in der Zeit von Weimar und anschließend im Nationalsozialismus führt automatisch zum Nachdenken über die Bedeutung dieser Denkmäler in unserer Zeit und für unsere Zeit. Ein Ausflug zu einem Denkmal in der Umgebung liegt nahe. Anlässlich des Gedenkens an den ersten Weltkrieg rücken einige dieser Denkmäler bis 2018 wieder in den Fokus.


Der Einsatz von Postkarten und Plakaten zur Verbreitung staatsstützender Ideen, die auch Ausgrenzungen von Minderheiten zum Ziel hatten, wird für Schülerinnen und Schüler bildlich sehr ansprechend aufbereitet. Die genauere Analyse wird erleichtert durch gelungene Arbeitsaufträge und hilfreiche Methodenkarten zur Analyse von Fotografie und Plakat. Diese Dateien findet der Nutzer im Downloadbereich auf der Webseite der Anne Roerkohl dokumentARfilm GmbH.


Mit den sieben Vertiefungsmodulen erarbeiten sich die Schülerinnen und Schülern nähere Einblicke in die Phase der Reichsgründung, in die Rolle der Industrialisierung, die Veränderungen innerhalb der Gesellschaft sowie in die Entwicklungen, die zum ersten Weltkrieg führten. Zudem können sie sich mit zwei einflussreichen Persönlichkeiten, Bismarck und Wilhelm II, sowie zwei Künstlern, Jünger und Toller, auseinandersetzen, die trotz ähnlicher Erfahrungen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen gelangen. Diese Abschnitte kann die Lehrkraft auch im Deutschunterricht gewinnbringend einsetzen.


Mit den im Download verfügbaren Arbeitsmaterialien eröffnet sich ein sehr umfangreiches Quellenmaterial, das in den Vertiefungsmodulen besonders für die Oberstufe ausreichend Aufgaben für differenzierendes Arbeiten bietet. Den Arbeitsmaterialien vorgeschaltet ist jeweils eine Empfehlung für die anvisierten Schulstufen. Hilfreich ist die Auflistung der Kompetenzbereiche (Sach- und Urteilskompetenz, Medienkompetenz), die mit dem Material geschult werden sollen.


Den Schülern der Sekundarstufe I haben bei der Erprobung besonders die kreativ-produktiven Aufgabenstellungen gefallen, da sie ihr Wissen hier nicht über die üblichen Textsorten verarbeiten konnten. Die Aufbereitung von Dialogen oder kurzen Drehbüchern ist hochmotivierend, besonders, wenn dann im Unterricht noch Zeit bleibt, die eigenen Texte vorzuführen.


Bilingual unterrichtende Lehrkräfte werden sich über die Glossare zu den einzelnen Modulen freuen. Ebenso hilfreich kann der Sprechertext sein, der über die ebenfalls notierten Aufnahmezeiten schnell gefunden werden kann.


Die Aufnahmequalität hat sich entscheidend verbessert, so dass es nicht mehr zu Interferenzen zwischen deutscher Originalspur und übergelegtem englischem Sprechertext kommt. Überhaupt ist die englische Sprecherstimme exzellent in Intonation und Sprechgeschwindigkeit. Auch bei längeren Erläuterungen wirkt der Text nicht ermüdend.


Wünschenswert aus Sicht der bilingual unterrichtenden Kollegen wäre es natürlich, dass ein englischer Quellentext auch in englischer Sprache zur Verfügung steht, da in der Regel im bilingualen Unterricht nicht mit der deutschen Übersetzung eines englischen Originals gearbeitet wird.


Nichtsdestotrotz bietet das zur Verfügung gestellte Material einen reichhaltigen Überblick und über die Links bzw. Quellenangaben findet man auch schnell den Weg zu den inzwischen von den digitalen Bibliotheken zur Verfügung gestellten Originalquellen.


Mein Fazit: Die Anschaffung lohnt sich!


(Silke Gatermann ist Lehrerin für Deutsch, Geschichte, PGW, Englisch, History und PSE am Gymnasium Ohmoor in Hamburg)

1871 geht für viele Deutsche ein sehnlicher Wunsch in Erfüllung: die Gründung des deutschen Kaiserreichs. Das Reich in der Mitte Europas entwickelt sich schnell zur politischen und industriellen Großmacht. 1918 geht dieses Kaiserreich an imperialem Machtstreben und seinen eigenen inneren Widersprüchen zugrunde. Nationaldenkmäler wie das Hermannsdenkmal, Niederwald, Kyffhäuser, Deutsches Eck und Völkerschlachtdenkmal sind Zeugnisse dieser Zeit. Sie reflektieren die Irrungen und Wirrungen deutscher Nationalgeschichte.


Der Hauptfilm zeigt am Beispiel des Hermannsdenkmals und anderer Denkmäler die wechselhafte Geschichte des deutschen Kaiserreichs: Für seinen Erbauer vertritt es einen im Liberalismus wurzelnden demokratischen Nationalgedanken. Bürger wie Arbeiter können sich gleichermaßen mit dem Denkmal identifizieren. Im liberalen Geist begonnen ändert sich sein Symbolgehalt hin zu einem Denkmal reaktionären nationalistischen Denkens. Kein Symbol lässt sich so gut gegen innere und äußere Reichsfeinde einsetzen wie der populäre Arminius – der Befreier Germaniens.


Rezension: Eines der wichtigsten Jahre für die deutsche Geschichte ist zweifelsfrei das Jahr 1871 als im Spiegelsaal von Schloss Versailles das Deutsche Kaiserreich ausgerufen und somit die „Staatsgründung von oben“ vollzogen wurde. Hier wurde vollendet, was bereits 1848/49 in der gescheiterten Revolution versucht wurde, nämlich das „Land der Deutschen“ zu einen. Hier wurde die Verfassung als Grundstein des neuen Staates gelegt, der den Kaiser und Otto von Bismarck zu den unangefochtenen Spitzen des Staates machten. Aber hier zeigt sich auch, wie die Menschen mit Minderheiten umgingen, die sie nicht als „Deutsche“ ansahen. Viel von dem, das sich in den kommenden Jahrzehnten historisch ereignen sollte, nimmt durch die Reichsgründung 1871 ihren Ursprung. 


Zur Reichsgründung und zum „Nationalbewusstsein“ der Deutschen hat dokumentARfilm in der Reihe „Geschichte interaktiv“ vor Jahren bereits eine Folge mit dem Titel „Das deutsche Kaiserreich 1871-1918“ heraus gebracht. Im Laufe der Zeit entschieden sich die Verantwortlichen jedoch, die Folge zu aktualisieren und zu überarbeiten. Die Neufassung besticht mit neu gedrehtem Filmmaterial, einigen neuen Kommentartexten, die dem aktuellen wissenschaftlichen Forschungsstand entsprechen, neuen Grafiken und Karten sowie einer neuen Kapitelgewichtung. Darüber hinaus wurde auch hier eine englische Sprachfassung für den bilingualen Geschichtsunterricht hinzugefügt. 


Das erste Modul der vorliegenden DVD befasst sich mit der Reichsgründung 1871. Es beginnt mit einer kurzen „Rückschau“ auf die gescheiterten Revolution 1848/49 als „Vorspiel“ der Reichsgründung. Hier gefällt mir persönlich, dass Filmausschnitte nun in einen Rahmen mit eingebunden werden und so natürlicher wirken, als mit seinem schwarzen Kinorahmen. Es folgen zweit Kapitel zur „Reichsgründung“ und „Reichsverfassung und Rechtsstaat“. 


Modul zwei stellt den „eisernen Reichskanzler“ Otto von Bismarck in den Fokus. Seine beiden großen politischen Herausforderungen, der Kulturkampf und die Sozialistengesetze, werden ebenso beleuchtet, wie die Außenpolitik, die geprägt war von dem Motto „Das Deutsche Reich ist saturiert“ und der Isolationspolitik des alten „Erbfeindes“ Frankreich. 


Im dritten Modul dreht sich alles um die „Industrialisierung und Soziale Frage“. „Wirtschaftsmacht Deutschland“, „Bürgerstolz und Massenelend: Soziale Gegensätze“ und „Arbeiterbewegung und Sozialpolitik“ sind hier die Schwerpunkte des Moduls.


Mit der „Wilhelminische(n) Gesellschaft“ befasst sich Modul vier. „Bildung und Erziehung“ und „Männer und Frauen: Geschlechterrollen“ sind die Modulunterthemen.


Ebenfalls die Wilhelminische Gesellschaft prägend ist der Umgang mit „Minderheiten im Kaiserreich“. Neben den „Ruhrpolen“, mit denen man sich teilweise schwer tat, waren es vor allem „die Juden“, die von der Gesellschaft zum Teil offen diskriminiert und verfolgt wurde. So erklärt sich auch, dass der „Judenhass“ der Nationalsozialisten auf einem gesellschaftlich teilweise akzeptierten Nährboden fiel. 


Das vorletzte Modul der DVD befasst sich mit Kaiser Wilhelm II. der das genaue Gegenteil des alten Bismarck war: Jung, voller Tatendrang und mit jeder Menge Chauvinismus und Geltungssucht nach Weltmachtstreben ausgestattet, löste er die von Bismarck erreichten Bündnisse und steuerte so (wie in Kapitel sieben thematisiert wird) das Deutsche Reich sehenden Auges in den Ersten Weltkrieg. 


Wie schon die letzten DVDs, so ist auch die aktuelle Folge 3 für den bilingualen Unterricht nutzbar. Auch Unterrichtsmaterial zum Thema ist vorhanden. Dieses liegt auf der Homepage zum Download vor. Auf 96 Seiten bietet das didaktisch hervorragend aufbereitete Arbeitsmaterial eine Vielzahl unterschiedlicher Arbeitsblätter. Neben Beobachtungsaufgaben zu den einzelnen Filmmodulen, gibt es beispielsweise ein Aufgabenblatt mit einer Karikatur zu Bismarck, in der es um die „Erbfeindschaft“ zwischen dem Kaiserreich und Frankreich geht, Quellenauszüge wie eine Rede des Politikers und Literaten Victor Hugo, fachwissenschaftliche Texte, vertiefende Materialien, Fotos, die die Situation der Menschen zur Zeit des Deutschen Kaiserreichs mit der Gegenwart vergleichen, Werbeanzeigen, Plakate, Karten uvm. Sämtliche Materialien werden von einem methodisch-didaktischen Kommentar begleitet, welcher der Lehrperson bei ihrer Unterrichtsvorbereitung helfen soll. Ein zusätzlicher Fokus wird auf die Zusammenfassung von Interpretationsleitfäden gelegt. Mit den so genannten „Methodenkarten“ geben die Autoren den Schülerinnen und Schülern knappe und präzise Leitfäden für Interpretationen von Plakaten und Fotografien an die Hand. Gemeinsam mit den Leitfäden der anderen DVDs entsteht so ein umfassendes Methoden-Archiv.


Fazit: Besser hätte die Neuauflage der Folge 3 „Das deutsche Kaiserreich 1871-1918“ der Reihe Geschichte interaktiv von dokumentARfilm kaum werden können. Die stellenweise auffallende Überarbeitung bei gleichzeitiger Fortführung bereits sehr gut vorhandener Darstellungen, das brillante und sehr umfangreiche Unterrichtsmaterial, das auch noch kostenlos angeboten wird (!) und die Hinzunahme einer englischen Sprachfassung zeigen, dass die Reihe immer am Puls der Zeit ist. Für kommende Folgen und Neufassung würde ich mir noch binnendifferenzierte Materialien wünschen. 


Die inn-joy Redaktion vergibt 10 von 10 Punkten.


Die inn-joy Redaktion bedankt sich bei dokumentARfilm für das zur Verfügung gestellte Rezensionsexemplar.

C. Fischer


inn-joy.de/index.php/movies/dvd-reviews/1300-geschichte-interaktiv-folge-3-aktualisierte-neuauflage-das-deutsche-kaiserreich-1871-1918.html (12.06.2024)

Das Kaiserreich – auf DVD


In der Reihe „Geschichte interaktiv" des Verlages dokumentARfilm ist eine weitere didaktische DVD zum Thema „Das deutsche Kaiserreich 1871-1914" erschienen. Die Produktion bietet einen insgesamt 95 Minuten umfassenden Bestand an Unterrichtsfilmen sowie einen umfangreichen ROM-Teil mit didaktischen und methodischen Hinweisen und Begleitmaterialien.


Neben einem längeren, in mehrere Kapitel gegliederten Hauptfilm, der am Beispiel verschiedener Nationaldenkmäler die Geschichte des Deutschen Kaiserreichs im Spiegel nationaler Symbole erschließt und dem Phänomen des zeitgenössischen Antisemitismus nachgeht, finden sich insgesamt sechs kürzere Filme, die wichtige Themenbereiche wie die Reichsgründung, die Innen- und Außenpolitik Bismarcks, die Industrialisierung und ihre sozialen Folgen, de obrigkeitsstaatliche Prägung der Gesellschaft des Kaiserreichs sowie die wilhelminische Politik im Zeitalter des Imperialismus und den Weg in den Ersten Weltkrieg erfassen.


Die Filme sind unterlegt mit informativen Sprechertexten, nutzen zeitgenössisches Quellenmaterial und lassen gelegentlich Zeitzeugen zu Wort kommen. Aus wissenschaftlicher Sicht erläutern und kommentieren die Historiker Volker Ullrich und Michael Jeismann die jeweiligen Sachverhalte. Die modulare Struktur der DVD macht auch einen isolierten Einsatz der einzelnen Filme möglich, die sich durch eine für Schüler verständliche Sprache auszeichnen und zugleich auf einem angemessenen Anspruchsniveau bewegen.


Einen wesentlichen Bestandteil der DVD bildet der ROM-Teil, der ausschließlich über einen PC zugänglich ist. Über eine übersichtliche Menüführung gelangt der Nutzer für jeden der vorhandenen Filme zu einem ausgearbeiteten Vorschlag zur unterrichtlichen Verwendung sowie zu umfangreichen Materialien, die zur Erarbeitung der Unterrichtsfilme, aber auch zur thematischen Vertiefung verwendet werden können. Die Arbeitsblätter dienen gezielt der Erschließung des Hauptfilms und der Filmmodule. Zudem stehen auf dieser Ebene Zeitleisten, biografische Angaben sowie Sacherklärungen zur Verfügung.


Die DVD unterstützt mit den sachgerecht aufbereiteten Inhalten und den sinnvoll ausgewählten Materialien einen problemorientierten Geschichtsunterricht. Sie ermöglicht und unterstützt ergebnisorientierte Erarbeitungsprozesse der Schüler und wird aufgrund realistischer Unterrichtskonzepte nicht zuletzt den Bedürfnissen der Unterrichtenden gerecht.


Klaus Fieberg, Leverkusen

[...] DVD zum Kaiserreich


Gemäß dem Konzept der Reihe "geschichte interaktiv" bietet diese DVD einen Hauptfilm (24 Min.), mehrere Kurzfilme (sechs Stück, 10-13 Min.) und einen separaten DVD-ROM-Teil. Diese drei Teile sind eng aufeinander bezogen: Der Hauptfilm "Das deutsche Kaiserreich im Spiegel nationaler Symbole" führt am Beispiel des Hermannsdenkmals und anderer Nationaldenkmäler in die Geschichte des Kaiserreiches ein, die Kurzfilme vertiefen einzelne Themen wie "Reichsgründung", "Otto von Bismarck", "Industrialisierung und soziale Frage", "Wilhelm II." oder den "Ersten Weltkrieg" und der DVD-ROM-Teil bietet wiederum hierauf aufbauend Biografien, Zeitleisten, Arbeitsblätter, methodische Hinweise und konkrete Unterrichtsmodelle. In alle drei Teile wurden zahlreiche Quellen (zeitgenössisches Filmmaterial, Fotos, Plakate, Textquellen) eingearbeitet; Interviews mit Historikern und sogar einem Zeitzeugen (geboren 1901!), eingespielte Lieder sowie animierte Karten und Diagramme ergänzen dieses Material. Die Filme wurden an Originalschauplätzen gedreht, etwa in Berlin, Leipzig, Koblenz, im Teutoburger Wald oder am Kyffhäuser.


Die einzelnen Filme mit ihren Akzenten (politisch, sozial, ökonomisch usw.) sind im Ganzen verlässlich recherchiert; sie führen unterhaltsam und anspruchsvoll in ihre jeweiligen Themen ein, ohne sich zu sehr in Einzelheiten zu verlieren. Gerade die Verbindung historischer Ereignisse mit Einzelschicksalen (z. B. mit Ernst von BandeI, der das Hermannsdenkmal errichtete, oder mit dem Weltkriegssoldaten Ernst Toller) und das Zeitzeugeninterview vermögen dabei im Sinne der Personifizierung von Geschichte zu überzeugen. Dennoch verbleiben kritische Punkte: Der durchaus interessante Versuch des Hauptfilms (die Geschichte des Kaiserreichs anhand seiner Nationaldenkmäler zu erzählen) führt hin und wieder zu recht "künstlichen" Querverbindungen zwischen Denkmälern und Geschichte. Die plötzliche Nutzung nicht erklärter Begriffe ("Drei –Klassen-Wahlrecht" u.a.) bzw. verschiedene inhaltliche Sprünge verwirren, ebenso der kommentarlose Einsatz von illustrierendem Filmmaterial aus den 1940er und 1950er Jahren, schließlich sehen sich die Macher ausdrücklich "zeitgemäßen medienpädagogischen Zielsetzungen" verpflichtet.


Gleichwohl: Werden diese Punkte bedacht, können die einzelnen Filme ihre jeweiligen Themen anschaulich, differenziert und vor allen Dingen auch sehr konzentriert darbieten – und bieten sich damit weniger als Einstieg, aber doch als Zusammenfassung einer entsprechenden Unterrichtseinheit gut an.


Im DVD-ROM-Teil findet sich, durch eine klare Struktur leicht zugänglich, ein reicher Fundus an hilfreichen und gut aufgearbeiteten Materialien. Insbesondere die verschiedenen Zeitleisten (immerhin zehn Stück zu Themen wie "Antisemitismus" oder "Julikrise"), die Biografien (u. a. von Wilhelm II., Otto von Bismarck oder Ernst Toller), die Texte zeitgenössischer Lieder, verschiedene Arbeitsblätter sowie Erläuterungen von Flaggen und Denkmälern können dabei vielfältig in den Unterricht eingebunden werden. Ein ausführliches Link- und Literaturverzeichnis stößt das weitere Arbeiten an. Allerdings sind die etwas langen und umständlichen methodischen Hilfen Schülerinnen und Schülern zu schwierig. [...]


Thomas Heller

Prüfsiegel PSM Data empfiehlt für DVD "Das deutsche Kaiserreich 1918-1933" erhalten


Über Preußens Glanz und Gloria

DVD mit DVD-ROM-Teil als moderne medienpädagogische Lösung zur Thematisierung des Deutschen Kaiserreiches im Unterricht


Das Kaiserreich ist heute bereits weite Vergangenheit. Vergessen ist die Geschichte des Zweiten Deutschen Kaiserreiches jedoch nicht. Zu sehr ist die Geschichte des alten Reiches verbunden mit Blutvergießen, Militarismus, Großmachtdenken und dem Ersten Weltkrieg als „Urkatastrophe des 20. Jahrhundert“. Doch gibt es heute viele, die sich wieder einen Kaiser oder König als Staatsoberhaupt wünschen würden. Der Glanz vor der Fassade des alten Absolutismus ist in der breiten Bevölkerung berechtigter Weise vorhanden, doch sollte man den Menschen, insbesondere jungen Menschen immer vor Augen führen, wie das Reich entstanden ist und welche Prozesse dazu führten, wie sich die Politik des Kaiserreiches gestaltete und wie gesellschaftliche Strukturen aussahen. Der Geschichtsunterricht spielt hier eine enorm wichtige Rolle, um mit der Geschichte des Kaiserreiches auch das darauf Folgende (Weimarer Republik und Drittes Reich) zu verstehen. Und wer dieses Thema erfolgreich vermitteln will, der muss Interesse schüren und Abwechslung in den Unterrichtsverlauf mit hineinbringen. Bewährt hat sich hierbei immer der Einsatz neuer Medien, projektorientiertes und kleinschrittiges Voranschreiten. Die Reihe „Geschichte interaktiv“ der Anne Roerkohl dokumentARfilm GmbH hat sich bereits mit zwei Bänden zur Industrialisierung in Großbritannien und zur Weimarer Republik Lorbeeren erworben. Nun ist der dritte Band „Das deutsche Kaiserreich 1871-1918“ erschienen.


Im Zentrum dieses von der Anne Roerkohl dokumentARfilm GmbH ausgearbeiteten „modularen Lernkonzeptes für den Unterricht“ steht der Hauptfilm. Auf der DVD mit DVD-ROM-Teil beleuchtet der 23minütige Hauptfilm „Das deutsche Kaiserreich im Spiegel nationaler Symbole“ die Geschichte des Kaiserreiches unter dem besonderen Aspekt der Verehrung des Militärs und der Darstellung militärischer Erfolge durch Denkmäler, die in der Zeit des Kaiserreiches entstanden. Besonders interessant daran ist, wie sehr sich die Geschichte des Kaiserreiches und das in ihm vorherrschende Geschichtsbild aus Bauwerken reflektieren lässt. Man muss erkennen, dass eben dieses Geschichtsbild subjektiv und wenig fundiert ist. Es basierte mehr auf Sagen und Legenden, denn auf historische Fakten. Hintergründig zeigt der Film jedoch mehr: Die in Stein gehauenen Zeugnisse offenbaren den vormals vorhandenen Geist der Gesellschaft, die Rolle des Militärs und erklären selbst die Einrichtung von Feiertagen wie dem „Tag der Schlacht von Sedan“. Um dies alles allerdings vertiefend zu verstehen, muss man auf die historischen Prozesse zurückgreifen, die die Gründung des Kaiserreiches erst theoretisch und dann praktisch vorantrieben. Und hier greifen in „Das deutsche Kaiserreich 1871-1918“ die zahlreichen Filmmodule ein. Jedes der sechs Module (jeweils 10-13 Minuten lang) geht gesondert auf einen speziellen Bereich ein. So kann man den Unterricht zum Thema Kaiserreich lebhaft mit Kurzfilmen begleiten. Diese Module thematisieren u. a. die historische Entwicklung von der Märzrevolution bis zum Deutsch-Französischen Krieg und der Reichsgründung, die Gesellschaft, Frauen, Schule und Erziehung, ein anderes die Außenpolitik der wilhelminischen Ära oder den Ersten Weltkrieg. Auch hervorragend sind die zwei Module zu Bismarck und den Eckpfeilern seiner Politik und dem Modul zur Industrialisierung und soziale Frage, das auch die Kluft zwischen dem reichen Bürgertum und der veramten Arbeiterschicht beschreibt und die Entwicklung von Arbeiterbewegungen verständlich macht.


Schön, wie bereits im vorigen Band ist der ROM-Teil. Kopiervorlagen zu Film und den Modulen, didaktische Kommentare und Quellenmaterial, Biografien etc. bieten eine breite Palette zur ausführlichen Thematisierung des Gesehenen im Unterricht. Dadurch werden aus den Filmbeiträgen komplette Unterrichtseinheiten, sodass dem Lehrer nur noch die Auswahl bleibt, was er davon in seinen Stunden verwenden möchte. Die Anne Roerkohl dokumentARfilm GmbH verspricht zeitgemäße Medienpädagogik und kann dieses Versprechen gut halten. Bedenkt man, dass dieses Medienunternehmen aus insgesamt fünf Personen besteht und eine derartig gute Publikation in wenigen Monaten zu Stande kommt, muss man den Hut ziehen. Zu dem Preis von 39,90 € kann man Kritik äußern, aber aus dem Aspekt der Preisleistung darf man nicht meckern. Der nun vorliegende Band kann sich mit Recht der Beste der bisherigen Erscheinungen der Reihe „Geschichte interaktiv“ nennen.


Martin Knust

PSM-Data / HistoriaPRO


http://www.zum.de/psm/empf/psm_dkr.php (31.05.2006)

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