Die Deutsche Frage II – Ost-West-Konflikt 1949-1969

Geschichte interaktiv 8

Der Film punktet durch historisches Filmmaterial, Plakate und Fotos. – Für Sekundarschulen, GS u. Gymnasien ist dieser Film gleichermaßen nützlich und eine äußerst lohnende Anschaffung. 


Die folgenden Rezensionen beziehen sich auf die Erstveröffentlichung der Filme auf der DVD Die Deutsche Frage II – Ost-West-Konflikt 1949-1969.

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Deutschland als Nahtstelle der Machtblöcke


Zu Beginn der Reihe „Geschichte interaktiv“ schien es den Machern der Anne Roerkohl nicht ganz klar zu sein, welches Konzept sie mit der Reihe verfolgen, bzw. welchen thematischen roten Faden die DVD-ROM-Reihe verfolgen soll. Die Zeiten sind lange vorbei. Das „modulare Medienkonzept für den Unterricht“ mit Filmbeiträgen und dem separaten DVD-ROM-Teil hat sich bewährt. Die Reihe „Die Deutsche Frage“ (Bände 7 bis 10) sollen die Deutsche Geschichte von der Nachkriegszeit bis zur Wiedervereinigung schülergerecht aufarbeiten. Im Frühjahr 2008 erschien nun Band 8, „Die Deutsche Frage II, Ost-West-Konflikt 1949-1969“.
Der Filmteil besteht bei dieser DVD aus dem obligatorischen Hauptfilm (solide 27 Minuten lang) und aus sechs Filmmodulen, die in erster Linie einzelne Themenbereiche aufgreifen und vertiefen. Diese dauern in der Regel 7 – 15 Minuten.


Der Hauptfilm „Deutschland und der Kalte Krieg“ erklärt in den Grundzügen, wie sich die neu entstandene Bundesrepublik dem Westen und die DDR dem Osten unter der Herrschaft der Sowjetunion anbindet und wie so kurz nach dem Zweiten Weltkrieg eine Wiederbewaffnung in beiden Teilen Deutschlands stattfindet. Hier wird die Aufteilung der Welt in zwei Machtblöcke bzw. Militärbündnisse mit einer Karte anschaulich dargestellt und erklärt. Die Differenzen beider Gesellschafts- und Wirtschaftssysteme wird sehr gut herausgestellt: Soziale Marktwirtschaft und freies Unternehmertum versus Planwirtschaft und Verstaatlichung. Aus diesen Differenzen, dem Mangel an dem Nötigsten und überspitzte Arbeitsnormen entwickelte sich der Arbeiteraufstand des 17. Juni 1953 und führte, gerade in den 1950er Jahren zu einer enormen Fluchtwelle. Die Fluchtwelle wurde bedrohlich für das Überleben der DDR, sodass die DDR-Führung im August 1961 eine Mauer durch das letzte große Schlupfloch Berlin ziehen hat lassen. Diese sollte 28 Jahre stehen bleiben und die Menschen haben sich damit arrangieren müssen. Wie sich die Spaltung der Welt in Ost und West außerhalb der großen Konfliktparteien auswirkte, zeigt die DVD-ROM ebenfalls sehr gut auf. Stellvertreterkriege, insbesondere der Vietnamkrieg werden beachtet und verbildlichen, wie die Reaktion darauf in Deutschland aussah. Nach den Studentenprotesten 1968 vollzog sich dann 1969 mit Willy Brandt ein Wandel. Die Grundzüge seiner Ost-Politik werden kurz, aber gut dargestellt. Da der achte Teil sich thematisch auf die Zeit bis 1969 beschränkt, muss sich schließlich auch erst ein anschließender Teil konkreter mit Brandts Ostpolitik beschäftigen. Der Hauptfilm überzeugt auf ganzer Linie. Eine bessere Zusammenfassung der Deutschen Geschichte im Anfangsstadium des Ost-Westkonfliktes in unterrichtstauglichen 27 Minuten kann es nicht geben. Die Gegensätze der zwei Deutschen Staaten, ihre Wirtschafts- und Gesellschaftsordnung und der Verlauf des Kalten Krieges bis 1969 werden grandios und „schultauglich“ dargestellt.


Zu den Modulen lässt sich sagen, dass sie sich im Vergleich zu den Modulen der ersten Bände mehr vom Hauptfilm gelöst haben und mehr und mehr eigene Filmsequenzen für sich geworden sind. Eine sehr schöne Entwicklung. Die Module sind so separat vorstellbar und beleuchten einzelne Teilaspekte des Gesamtzusammenhangs. Die ersten beiden Filmmodule von „Die Deutsche Frage II“ behandeln jeweils die Politik und Wirtschaft der DDR und der BRD. Wie sind die Staaten politisch aufgebaut? Und wie unterschieden sich die Wirtschaften voneinander? Sehr schön wird dargestellt, wie sich das SED-Regime etablieren und halten konnte und wie es durch den Sozialismus und durch Planwirtschaft zunehmend zu Unzufriedenheit in der DDR kam. Ferner wird aufgezeigt, wie es zum Arbeiteraufstand des 17. Juni kam und wie sich das Regime danach doch wieder festigen konnte. An geeigneten Stellen werden Zusammenhänge mit Aufzählungen und Erklärungen verdeutlicht. Im Modul 2 zur Politik und Wirtschaft der BRD wird die Politik Adenauers zur Westintegration und der Gründung der Bundeswehr, sowie dessen Beitritt zur NATO unter die Lupe genommen. Mit der Montanunion wurde der Vorreiter der heutigen EU geschaffen. Adenauer leistete hiermit einen ersten Schritt zur Aussöhnung mit dem westeuropäischen Umland. Das von Ludwig Erhard initiierte Wirtschaftswunder schafft Wohlstand und Beschäftigung für alle und ermöglicht es, die moderne soziale Marktwirtschaft aufzurichten. Dieses Modul zeigt auch, wie sich die BRD nach 1961 mit der bestehenden Mauer auseinandersetzte und wie sich die Innenpolitik in der BRD, beispielsweise durch die Notstandsgesetze Kiesingers wandelte. Im dritten Modul werden die Opposition und die Repression in der DDR untersucht. Es wird dabei gezielt auf die Jugend und die Studenten in der Opposition, die politische Justiz und das Ministerium für Staatssicherheit („Stasi“) eingegangen, die die politische Stabilität durch Verfolgung und Spionage abzusichern versuchten. Eindrucksvoll ist das vierte Modul. Hierin wird das Erbe und der Umgang mit der NS-Zeit offen gelegt. Hierbei wird verdeutlicht, welchen ehemaligen NS-Funktionären aus allen Teilen der Gesellschaft es in der BRD geschafft haben, wieder in alte Ämter zu gelangen oder generell durch ihre ehemaligen Funktionen im Dritten Reich Karriere machen konnten. Ebenso interessant wird der Antifaschismus und die Integration ehemaliger Nationalsozialisten in der DDR dargestellt. Klar wird, dass dabei die Vergangenheit der Integrierten, in beiden Teilen Deutschlands, verschwiegen worden ist und dass sich dies erst Ende der 60er Jahre geändert hat, nachdem in der BRD NS-Prozesse aufgerollt worden sind und die Studentenbewegung „den Muff aus 1000 Jahren“ beseitigen wollte. Schön ist, dass explizit angesprochen worden ist, dass kein (Blut-)Richter oder Staatsanwalt des NS-Regimes jemals verurteilt worden ist und alle wieder einen festen Platz in der Justiz gefunden haben. Hierbei kommen u.a. Ralph Giordano und Annette Schücking-Homeyer zu Wort. Das fünfte Modul zeigt die Lebenswelt in West und in Ost, wie sich die beiden deutschen Gesellschaften vom Krieg erholten und ihr Land wieder aufrichteten. Es gibt einen Rundumschlag über die Unterschiede der Gesellschaften und ihrer kulturellen Lebensweisen. In der sich bewährten Medienanalyse werden Wahlwerbefilme aus der BRD, jeweils einer der CDU und der SPD von 1957 gegenübergestellt. Sie zeigen auf, wie unterschiedlich die Sichtweisen der Parteien zur Wiederbewaffnung als Lösung der Teilung waren. Zwei Kameraperspektiven von Maikundgebungen aus den Jahren 1951 und 1961 sollen die West- und die Ost- Perspektive von den Maifeiern in der DDR zeigen. Dabei fehlt leider bei dem Ausschnitt von 1961 aus der West-Sicht eine Kommentierung. Zudem wird ein Interview mit Karl Wilhelm Fricke gezeigt, der aus dem Westen entführt und in Schönhausen stundenlang verhört und lange Zeit unter unwürdigen Bedingungen inhaftiert gewesen ist. Die Beiträge laden durchaus zu regen Diskussionen ein.


Bei den Filmbeiträgen wurde eine sehr gute Auswahl von Zeitzeugen befragt. Der SPD-Politiker Egon Bahr und der SED-Funktionär und ehem. Mitglied des Politbüros, Günter Schabowski berichten, wie sie im Westen, bzw. Osten die Entwicklung des Kalten Krieges erlebt haben. Dr. Ilko-Sascha Kowalczuk und Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer analysieren und bewerten die historischen Zusammenhänge als Historiker. Die DVD punktet abermals durch historisches Filmmaterial, Plakate und Fotos, durch die Diagramme und durch Kartenmaterial. Diese machen die Thematik erst anschaulich und damit die DVD (insbesondere für den Unterricht) so wertvoll.


Auch der DVD-ROM-Teil mit seinem didaktischen Begleitmaterial ist bei dieser Ausgabe der Reihe „Geschichte interaktiv“ wieder mit dabei. Zu dem Hauptfilm und jedem Modul findet man Arbeitsblätter und Übersichten, sowie Methodenkarten zum Erlernen von Methoden. Darüber hinaus werden in zwei separaten Teilen Biografien von den in den Filmen zu sehenden Zeitzeugen und historischer Persönlichkeiten jener Zeit mitgeliefert. Andreas Bremm und Myrle Dziak-Mahler („Geschichte betrifft uns“) haben dabei Unterrichtsmaterialien zur Erarbeitung, Festigung und Vertiefung mit den hierzu passenden Fragestellungen entwickelt und für Lehrkräfte begleitende didaktisch-methodische Kommentare angefügt. Da Geschichte nicht ganz ohne Daten auskommt, ist sogar eine kleine nützliche Zeitleiste enthalten. Für weitere Informationen kann man einen Blick in das Literatur- und Linkverzeichnis werfen. Hervorragend gemeistert und ideal auf das Filmmaterial abgestimmt.


Geschichte interaktiv Bd. 8, „Die Deutsche Frage II – Ost-West-Konflikt 1949-1969“ als achter Band der Reihe „Geschichte interaktiv“ ist wieder ein voller Erfolg geworden. Für Sekundarschulen, Gesamtschulen und Gymnasien ist diese DVD gleichermaßen nützlich und eine äußerst lohnende Anschaffung. Die 39,90 € ist diese DVD-ROM uneingeschränkt wert. Die Filmbeiträge sind im Unterricht spielend leicht vorführbar und es lassen sich thematisch eingeschränkte Gruppenarbeiten oder Projekte zu den Modulen durchführen. Auch das Begleitmaterial, was man bedenkenlos auch als Unterrichtsmaterial austeilen kann, ist wunderbar auf die DVD abgestimmt. Prominente Zeitzeugen, anerkannte Historiker und ein gezielter Umgang mit Medieninhalten machen diese DVD als Gesamtpaket tadellos.


Martin Knust

PSM-Data / HistoriaPRO


http://www.zum.de/psm/empf/psm_dtfrage2.php (14.06.2008)

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