Deutschland auf dem Weg zum Nationalstaat 1815-1871

Geschichte interaktiv 13

Ein rund um empfehlenswertes Medium für Historiker, Lehrkräfte und historisch Interessierte. – Alle relevanten Zusammenhänge in ganz Europa werden zusammengefasst. – Diagramme und zeitgenössisches Bildmaterial ergänzen sinnvoll das Erklärte.


Die folgenden Rezensionen beziehen sich auf die Erstveröffentlichung der Filme auf der DVD Deutschland auf dem Weg zum Nationalstaat 1815-1871.

Deutschland auf dem Weg zum Nationalstaat 1815-1871

Ein Film von Carola Halfmann und Anne Roerkohl. 


[...] Die Distribution multimedialer Inhalte für Unterrichtszwecke verschiebt sich in den letzten Jahren zunehmend auf den Online-Bereich. CDs und DVDs mögen deshalb schon fast als anachronistische und „veraltete" Datenträger anmuten. Entgegen diesem Trend hat sich die Firma Dokumentarfilm aus Münster auf die Produktion von didaktisierten Medienpakten für die Lehrerhand spezialisiert. Für den Geschichtsunterricht werden sie in einer eigenen Reihe unter dem Namen „Geschichte interaktiv" publiziert. 


Filmkonzept


Die hier besprochene DVD beinhaltet neben einem Hauptfilm insgesamt sechs Einzelmodule. Geboten werden filmische Rekonstruktionen, die als dokumentarische Kompilationsfilme inszeniert sind. Sie verbinden unter anderem zeitgenössische Bildmaterialien, Animationen, Aufnahmen von historischen Orten, Auszüge aus Interviews mit den Historikern Christian Jansen und Ute Planert, Rezitationen von Quellen und Kommentierungen aus dem Off. Auffallend ist, dass in diesem Zusammenhang die Fragen des Interviewers fehlen. Der Historiker belegt in den meisten Fällen durch sein Expertenurteil die filmisch dargestellte These. 


Aus diesem Aufbau fallen die beiden letzten Module heraus. Modul 5 gibt in pointierter Form Aussagen aus den geführten Gesprächen wieder (z.B. Ute Planert: Zwei Gesichter des Nationalismus). Sie vertiefen und problematisieren teilweise das filmische Narrativ. Das letzte Modul liefert elf durch einen professionellen Sprecher vorgetragene Quellenmaterialien. Sie repräsentieren unterschiedliche Gattungen (z.B. Heinrich Heines Gedicht „Die Schlesischen Weber"). 


Die Länge der Einzelbeiträge variiert. Maximal werden aber lediglich rund 27 Minuten erreicht. 


Inhaltliche Schwerpunkte


Insgesamt dominiert in den ersten vier Modulen eine politik-, sozial-, und wirtschaftsgeschichtliche Perspektive. In deren Zentrum steht die Frage, welche Faktoren und Ursachen zur Gründung des Deutschen Reichs geführt haben. Deshalb setzt der Hauptfilm den Wiener Kongress (1815) und die Gründung des Deutschen Kaiserreichs (1871) als bedeutsame Zäsuren. Die Befreiungskriege, deren Bedeutung für die – ambivalent zu bewertende – nationale Idee kaum zu unterschätzen sind, werden weitestgehend ausgeblendet. 


Der Film thematisiert die Enttäuschung der 1814/15 unter den Völkern Europas verbreitete Hoffnung auf die Bildung nationaler staatlicher Einheiten durch den Wiener Kongress unter der Ägide des „Fährmanns" Clemens Fürst von Metternich. Stattdessen hinterließ die Neuordnung Europas Nationen wie Polen, Italien, Deutschland ohne Einheitsstaat und restaurierte die Fürstenherrschaft von Gottes Gnaden. Diese Diskrepanz legte gleichsam den Grundstein für die Revolution von 1848, deren tieferliegende Ursachen der Film insbesondere in der Unterdrückung der nationalen und liberalen Bewegung durch die Fürsten, in den sozialen Veränderungen im Zuge der beginnenden industriellen Revolution sowie den Agrar- und Hungerkrisen der 1840er Jahre sucht. 


Die filmische Interpretation der Bedeutung von 1848 kann aus erinnerungs- bzw. wirkungsgeschichtlichem Blickwinkel durchaus kritisch eingeschätzt werden. Während die Revolutionäre und Parlamentarier der Paulskirche getragen von nationaler und liberaler Euphorie scheitern, wird der konservative Bismarck als Vollender des Traums nach nationaler Einheit präsentiert. „Die Siegesgöttin ist auf Bismarcks Seite", so lautet eine Kommentierung aus dem Off im Kapitel „Der Weg zum Nationalstaat 1850-1871", während in Überblendung zu einem historischen Gemälde, das Bismarck zu Pferd und in Militäruniform wohl nach der Schlacht von Königsgrätz zeigt, die Berliner Siegessäule mit Victoria zu sehen ist. Letztlich bleibt die Kontur des Begriffs „Nation" unscharf. Weder das Konzept der Staats- noch das Konzept der Kulturnation kommen zur Sprache. 


Zusatzmaterial


Zum Filmteil tritt ein DVD-ROM-Teil. Er bietet insbesondere PDF-Dateien. Sie enthalten Kurzbiographien zu einzelnen in den Beiträgen angesprochenen historischen Persönlichkeiten, Zeitleisten, Methodenkarten (z.B. zum Umgang mit Lyrik), weiterführende Links und Kontaktdaten. Zu jedem Modul werden Aufgabenstellungen zum Film sowie unterschiedlichste – auch vertiefende – Materialien bereitgehalten. Sie lassen sich über einen didaktisch-methodischen Kommentar erschließen. Letztlich fällt bei den Aufgabenstellungen auf, dass die Machart des filmischen Materials nicht als Lernanlass wahrgenommen wird. Interessant wären z.B. auch Aufgaben zur Analyse der Montage- bzw. zur Inszenierungstechnik. Das filmische Material dient allerdings ausschließlich der Entnahme von Informationen – im Sinne von Arbeitsaufträgen wie „Fassen Sie die Inhalte des Films [...] zusammen." Hier verschenkt das Paket ganz klar eine didaktische Chance. 


Fazit


Wenn sich auch – ruft man sich den Reihentitel ins Gedächtnis – der Grad an Interaktivität des DVD-ROM-Teils auf das Navigieren durch die verschiedenen Materialien beschränkt, erhalten Lehrkräfte mit der vorliegenden Zusammenstellung trotz allem einen vollkommen unterrichtstauglichen und gut einsetzbaren Materialfundus, der auch in problemorientierte oder multiperspektivisch angelegte Stundenverläufe eingebaut werden kann. 


Alexander König

Von M. Heiland 


Deutschland im 21. Jahrhundert ist eine Demokratie, die den Menschen die Möglichkeiten gibt ihre (politische) Meinung kund zu tun. Wer hier wohnt, der genießt viele Freiheiten, die ihm heutzutage als selbstverständlich erscheinen. Doch Einheit und Freiheit sind keineswegs in unserer Geschichte selbstverständlich gewesen. Woher kommt diese Einheit? Wie ist sie erkämpft und verteidigt worden? Wer hat sie erstritten?Die DVD „Deutschland 1815-1871“ aus der Reihe „Geschichte interaktiv“ zeigt die Entwicklung Deutschlands im 19. Jahrhundert. Der Ruf nach Freiheit, politischer Mitbestimmung und nationaler Einheit wird immer lauter. Der Hauptfilm beleuchtet die Ereignisse vom Wiener Kongress bis zur Reichsgründung 1871 auf europäischer Ebene. Die Filmmodule vertiefen die politischen und gesellschaftlichen Geschehnisse in Deutschland. 


Kritik:


Wie für die Reihe „Geschichte interaktiv“ üblich, wurde auch die vorliegende DVD in einen Themenschwerpunkt übergreifenden Hauptfilm und sechs Themenschwerpunkt bezogene Module aufgeteilt. 


Der Hauptfilm bietet als einen Einblick in die territoriale Neuordnung Europas nach der Niederlage Napoleons. Der Wiener Kongress, auf dem die deutschen Fürsten unter der Leitung von Metternich die Restauration anstrebten und Heilige Allianz werden ebenso beleuchtet, wie die aufkeimende Nationalbewegung. Neben der Juli-Revolution von1830, in der die Pariser Bevölkerung sich ein gegen die alte Herrschaft abermals auflehnte geht es dann um das wohl wichtigste „Großevent“, das Hambacher Fest, welches erstmals die „Massen“ mobilisierte und einer der Vorläufer für die Revolution 1848/49 war. Die erste deutsche Revolution, die getragen wurde vom Wind der Freiheit und Einigkeit und neben der Frankfurter Paulskirchenversammlung eine Verfassung hervorbrachte, ist – trotz oder gerade wegen ihres Scheiterns – ein wichtiger Aspekt, der hier vorgestellt wird. Abgeschlossen wird der Hauptfilm durch eine Sequenz, die den Weg zur Reichsgründung 1871 darstellt, dem Jahr, in dem das Deutsche Reich durch Otto von Bismarck „von oben“ gegründet wurde. 


Die Module wiederum vertiefen und ergänzen die Aspekte, die der Hauptfilm anspricht. Modul eins befasst sich mit der Restauration, also der Wiederherstellung der alten Verhältnisse vor der Französischen Revolution und Vormärz, dem Wiener Kongress und dem Wartburgfest, auf dem Studenten, Professoren und Journalisten sowie Intellektuelle auf der Wartburg trafen, um für mehr Rechte zu streiten. Auch zur Revolution 1830 und dem Hambacher Fest finden sich von Historikern und Historikerinnen kommentierte und erläuterte Sequenzen. Schließlich erhält der Zuschauer noch Informationen zu Pressezensur (Karlsbader Beschlüsse) und dem „Jungen Deutschland“. 


Modul zwei beleuchtet umfassend die Geschehnisse während der Revolution 1848/49. Das „Vorspiel“ in der Märzrevolution 1848, die Nationalversammlung in der Paulskirche, die geprägt war von zahlreichen Diskussionen und inhaltlichen Problemen, sowie dem Sieg der Gegenrevolution. 


Modul drei setzt den Fokus auf den Weg zum Nationalstaat 1850-1871. Welche Rolle spielte hierbei das Bürgertum? Was versteht man unter der so genannten „nationalen Frage“ und welchen Anteil hatte Otto von Bismarck an der Gründung des Deutschen Reiches? 


Das vierte Modul thematisiert die Industrialisierung in Deutschland: Wirtschaft und Gesellschaft Wirtschafts- und sozialpolitische Rahmenbedingungen sind dabei die Schwerpunkte. Am Beispiel der Essener Unternehmer-Dynastie Krupp wird der rasche industrielle Aufstieg zu jener Zeit thematisiert. 


Das Modul fünf bietet verschiedene Ausschnitte aus Experteninterviews. Hier kommen Prof. Dr. Christian Jansen und Prof, Dr. Ute Planert zum Thema „Zwei Gesichter des Nationalismus“, sowie Prof. Dr. Christian Jansen mit dem Thema „Deutschland – eine verspätete Nation?“ zu Wort. Eine interessante wissenschaftliche Beigabe, eher gedacht allerdings für die Oberstufe oder historisch Interessierte. 


„Abgerundet“ wird die DVD durch rezitierte historische Texte, die im Geschichtsunterricht meist als Quelle besprochen und analysiert werden. [...] 


Der ROM-Teil beinhaltet hervorragend bearbeitetes Material, welches – wie bei „Geschichte interaktiv“ nicht anders zu erwarten, anspruchsvoll und Schüler gerecht aufbereitet wurde. So kann die Lehrkraft zu den verschiedenen Themenschwerpunkten da Material zur Erarbeitung, Vertiefung und Wiederholung einsetzen. Eine umfassende Literatur- und Linkliste runden das breite Angebotsspektrum an. 


Eine rund um empfehlenswerte DVD für Historiker, Lehrkräfte und historisch Interssierte. Die inn-joy Redaktion vergibt 9 von 10 Punkten


https://inn-joy.de (25.05.2011)

Prüfsiegel PSM Data empfiehlt für DVD "Deutschland auf dem Weg zum Nationalstaat 1815-1871" erhalten


Wie aus Flicken eine Nation wurde


Die napoleonische Fremdherrschaft über Europa fand ihr Ende und die Fürsten der großen Mächte des Kontinents schufen auf dem Wiener Kongress eine neue Ordnung, die die Zustände von vor der Französischen Revolution, wie auch die absolutistische Herrschaft der Aristokratie, wiederherstellen sollte. Doch was die Könige und Kaiser Europas vergaßen, die sich auf das althergebrachte Gottesgnadentum stützten, waren die Ideale der Französischen Revolution, die Napoleon auch mit seinem Code Civil über Europa verstreut hatte. Die Menschen begriffen ihre nationale Identität und wollten Feudalismus und Absolutismus abschaffen und ihre Freiheitsrechte durchsetzen. Auch in Deutschland regte sich etwas, wenn auch langsam. Der lange Weg der Deutschen zu einer geeinten Nation ist Kernthema der vorliegenden neuen Folge der Reihe „Geschichte interaktiv“. Nach der zweiteiligen Dokumentation zur Geschichte der USA kehren die Dokumentarfilmer um Anne Roerkohl wieder zurück zur deutschen Geschichte.


Die DVD besteht aus einem Hauptfilm (27 Minuten) und insgesamt sechs in sich abgeschlossenen, einzeln vorführbaren Modulen, von jeweils 4-17 Minuten, die den unterrichtsrelevanten Inhalt ergänzen und vertiefen. Erweitert wird die DVD, wie es sich in der Reihe „Geschichte interaktiv“ bestens bewährt hat, durch einen ROM-Teil mit didaktisch-methodischem Begleitmaterial.


Der Hauptfilm „Nationalstaatsgedanke und Nationalismus in Europa 1815-1871“ greift die Ausgangssituation nach dem Ende der napoleonischen Ära auf und erklärt umfassend die Neuordnung Europas durch die auf dem Wiener Kongress getroffenen Beschlüsse. Eine hervorragende Einleitung zum Einstieg in die Anfänge des Deutschen Nationalstaates; nicht, weil die einzelnen Stationen bis zur Reichsgründung 1871 ausgewalzt werden, sondern weil der Hauptfilm alle relevanten Zusammenhänge in ganz Europa zusammenfasst. Der historische Kontext steht hier im Mittelpunkt. Sehr gut, denn das ist ein Blick über den deutschen Tellerrand hinaus. Politische, gesellschaftliche und wirtschaftliche Hintergründe, wie die Industrielle Revolution, die parallel dazu in seiner Entstehung begriffene Arbeiterbewegung oder die Restauration der Ordnung vor der Französischen Revolution durch die „Heilige Allianz“ werden einbezogen. Es wird deutlich, weshalb und wie umfassend die Europäer ihre jeweilige Nationalität entdeckt haben und verstanden, wie wichtig es für eine Nation ist, ein einheitliches Staatsgebiet zu haben und dass es möglich ist, gegen die Repressionen der Monarchen aufzustehen. Wichtige Stationen, wie die Revolutionen von 1830 und von 1848, die von Frankreich ausgegangen sind und sich auch bis nach Deutschland ausgebreitet haben oder die studentischen Burschenschaften und Literaten, die sich zunehmend für liberale Ideen und einen einigen deutschen Nationalstaat einsetzten, wurden nicht vergessen.


Die sechs Module thematisieren gezielt die Entwicklungen in Deutschland. Sie wiederholen nicht bloß die Inhalte des Hauptfilmes, sondern greifen einzelne Aspekte auf und beschreiben sie vertiefend. Das erste Modul behandelt die Restauration der alten Ordnung durch den Wiener Kongress, die ersten Demonstrationen für ein geeintes Deutschland auf dem Wartburgfest und dem Hambacher Fest, die Revolution von 1830 und die Einschränkungen von Grundrechten zur Unterdrückung der zumeist studentischen, liberalen Bewegungen. Die Märzrevolution von 1848 und der erste daraus resultierende Versuch einer demokratischen Ordnung in Deutschland und dessen Scheitern sind Thema des zweiten Moduls. Modul 3 setzt thematisch hieran an: Wie gelang es, nach dem Scheitern des Paulskirchenparlamentes wieder auf den Zug der Einigung Deutschlands aufzuspringen und sie tatsächlich 1871 zu vollenden? Wie sollten die Grenzen eines geeinten Deutschlands aussehen? Und wer sollte an dessen Spitze stehen? Der Dualismus zwischen Österreich und Preußen verhinderte jegliche Einigung. Bismarck gelang es, seine Expansionspolitik und seine Heeresreform gegen den preußischen Landtag durchzusetzen und mit „Blut und Eisen“ die Hegemonie Preußens auf deutschem Boden zu etablieren. Die Rolle der Einigungskriege als Schritt zum geeinten Nationalstaat wird in dem dritten Modul sehr gut herausgearbeitet. Die Industrialisierung, die von England ausgegangen war, erfasst im 19. Jahrhundert auch den Kontinent. Aus dem agrarisch dominierten Deutschland, in dem es durch Missernten, Hunger und Armut zu Migrationswellen, besonders in die USA kommt, entwickelt sich Mitte des 19. Jahrhunderts durch Industriespionage und auch durch Erfindungsreichtum eine der mächtigsten Industrienationen. Das vierte Modul berichtet über diese Entwicklung, nennt die ersten Gehversuche der Arbeiterbewegung und betrachtet die sozial- und wirtschaftspolitischen Hintergründe. Zudem wird die Gussstahlfabrik Krupp aus Essen als Beispiel für den industriellen Aufstieg gezeigt. Krupp gelang es, aus seinem Betrieb mit einer Handvoll Mitarbeitern bis zum letzten Drittel des Jahrhunderts ein Stahlimperium mit bis zu 8000 Mitarbeitern zu formen. Innovationen und Expansionen haben Krupp groß werden lassen. Aus Furcht vor Unruhen hat er wegweisend bereits zehn Jahre vor der Entwicklung von staatlichen, sozialen Sicherungssystemen betriebliche Für- und Vorsorge betrieben. Ausschnitte aus den Experteninterviews bilden das fünfte Modul. Hier wird die Doppelgesichtigkeit, das Zusammengehörigkeit schaffende und das Ausgrenzende, des Nationalismus und die Rolle Deutschlands als „verspätete“ Nation thematisiert. Im sechsten und letzten Modul werden elf historische Texte rezitiert, so etwa von Schriftstellern wie Büchner, Heine, Hoffmann v. Fallersleben oder Herwegh. Die Auswahl ist sehr gut bedacht worden. Flammende Reden von Politikern sind hier ebenso zu finden wie Auszüge aus patriotischen oder liberalen literarischen Werken.


Nicht zu vergessen: Auch bei dieser DVD gibt es wieder einen ROM-Teil, auf den man über einen handelsüblichen PC zugreifen kann. Der Start-Bildschirm des ROM-Teils mit dem Hauptmenü ist übersichtlich aufgebaut. Man kann direkt von hier auf didaktisch-methodisches Begleitmaterial zum Hauptfilm oder den einzelnen Modulen zugreifen. Darüber hinaus kann man wieder eine Zeitleiste zu den wichtigsten historischen Entwicklungen (von 1789 bis 1871), Biografien von den wichtigen historischen Persönlichkeiten und den Experten oder Literaturhinweise aufrufen. Das sehr umfassende didaktische Begleitmaterial wurde von dem renommierten Geschichtsdidaktiker und Studiendirektor Klaus Fieberg erstellt. Mehr Sachverstand geht nicht. Das Material ergänzt das Filmmaterial ideal und es ist so, wie es sein soll: Es vertieft, verleitet zum Analysieren, Weiterdenken und auch zum Diskutieren.


Insgesamt ist die DVD mit ROM-Teil äußerst gelungen. Das Thema „Deutschland auf dem Weg zum Nationalstaat 1815-1871“ wird allumfassend und vor allem verständlich erklärt. Es wurden auch internationale Zusammenhänge gedeutet und verschiedene wirtschaftliche, politische oder gesellschaftliche Aspekte einbezogen. Die Experten, Prof. Dr. Ute Planert und Prof. Dr. Christian Jansen, vervollständigen die DVD mit Kommentaren und Bewertungen aus wissenschaftlicher Sicht. In dieser spannenden Epoche gab es zahlreiche Änderungen auf der politischen Landkarte. Dem wurde hier sehr gut Rechnung getragen. Für jede solche Veränderung gibt es eine animierte Karte. Diagramme und zeitgenössisches Bildmaterial ergänzen sinnvoll das Erklärte.


Die DVD ist prädestiniert für den Unterrichtseinsatz, kann aber natürlich auch für den Autodidakten oder Geschichtsbeflissenen sehr von Nutzen sein. Der Hauptfilm passt sehr gut in eine Unterrichtsstunde und die Module sind kurz, aber ermöglichen es, einzelne Themenschwerpunkte gezielt und umfassend zu behandeln. Hierbei sind auch die Rezitationen sehr schön. Hier bietet es sich an, über die Textinhalte zu diskutieren.


„Deutschland auf dem Weg zum Nationalstaat 1815-1871“, das neue Meisterwerk der Reihe „Geschichte interaktiv“, kann über dokumentarfilm.com für 39,90 € erworben werden.


Martin Knust

PSM-Data / HistoriaPRO


http://www.zum.de/psm/empf/psm_dtnation.php (01.09.2010)

Deutschland auf dem Weg zum Nationalstaat 1815-1871 (Geschichte interaktiv 13, DokumentARfilm GmbH)


Die jüngste DVD der Reihe Geschichte interaktiv aus dem Hause Anne Roerkohl dokumentARfilm GmbH setzt sich mit der Idee des Nationalismus und Liberalismus im 19. Jahrhundert und der Verwirklichung des Nationalstaats in Deutschland auseinander. Das für die Sekundarstufe I und II konzipierte Filmmaterial umfasst insgesamt 107 Minuten Laufzeit, ein zusätzlicher DVD-ROM-Teil bietet Materialien und didaktisch-methodische Anregungen.


Aufbau & Inhalt


Der 27-minütige Hauptfilm stellt chronologisch die wichtigen historischen Geschehnisse vom Wiener Kongress und der von ihm ausgehenden Restauration über die Vormärz-Bewegung und deren revolutionären Ereignisse bis hin zum Weg zur Reichgründung 1871 dar.


Die Unterkapitel des Hauptfilms bieten anhand zeitgenössischen Bildmaterials, lebendiger Rezitationen von Originalquellen, animierter Kartendarstellungen und Experteninterviews ein anschauliches und abwechslungsreiches Bild der behandelten Aspekte.


Die Themen des Hauptfilms:

  • Territoriale Neuordnung Europas
  • Wiener Kongress und Heilige Allianz
  • Restauration und Nationalbewegung
  • Revolution 1830
  • Hambacher Fest und die Folgen
  • Revolution 1848/49
  • Der Weg zur Reichsgründung 1871

sind didaktisch aufbereitet und können auch gut einzeln eingesetzt werden, um bestimmte Aspekte den Schülerinnen und Schülern nahezubringen.


Prof. Dr. Ute Planert, die Neuere Geschichte und Geschichte und ihre Didaktik an der Bergischen Universität Wuppertal lehrt, und Prof. Dr. Christian Jansen, Neuzeithistoriker und Gastprofessor an der TU Berlin, erläutern kompetent und zugleich für Schülerinnen und Schüler gut verständlich in Interview-Ausschnitten relevante Zusammenhänge und Probleme des Zeitraums.


Die Einzel-Module der DVD dienen der detaillierten sowie vertieften Information über bestimmte historische Aspekte; in sich abgeschlossen sind sie separat einsetz- und kombinierbar. Die Module sind nochmals in Unterkapitel eingeteilt, die man über die Kapitelauswahl der DVD direkt ansteuern kann. So ist es in der Unterrichtspraxis möglich, ganz gezielt Einzelgesichtspunkte herauszugreifen und bei Bedarf frei mit anderen zu kombinieren. Die Module befassen sich im Einzelnen mit Restauration und Vormärz, der Revolution 1848/49, dem Weg zum Nationalstaat 1850-1871 und der Industrialisierung in Deutschland; in zwei zusätzlichen Modulen finden sich zum einen Experteninterviews zur Problematik des Nationalismus, zum anderen elf Rezitationen relevanter historischer Texte.


Einzelaspekte


Die Filmbeiträge der Module informieren präzise und umfassend über die jeweiligen Themen. Sie zeigen neben Filmaufnahmen historische Bilder, Flugblätter, Karikaturen und animierte Schemata sowie Karten, welche die Sachverhalte gelungen veranschaulichen. Kontextualisiert und ergänzt durch die Aussagen der beiden Fachhistoriker entsteht so ein klares Bild der jeweiligen historischen Situation.


Etwas näher betrachtet wird hier das Modul 3 „Der Weg zum Nationalstaat“, in dem in drei Unterkapiteln das Thema behandelt wird. Der erste Teil verdeutlicht das Wiederaufleben des Nationalismus im deutschen Bürgertum nach der Enttäuschung über die gescheiterte Revolution 1848. Hierbei wird insbesondere auch der Zusammenhang mit dem zunehmenden Selbstbewusstsein der wirtschaftlich erfolgreichen Bürger, die in die neuentstehenden Industrien investieren, thematisiert. Die Zusammenhänge zwischen Industrialisierung und liberaler Gesetzgebung in Preußen, dem Staat, der zum Zugpferd der nationalen Einigung wurde, sowie dem sich auch immer mehr politisch emanzipierenden Bürgertum, das die nationale Einheit Deutschlands unter Inkaufnahme kriegerischer Konflikte anstrebte, dann aber durch Bismarck ins Abseits gedrängt wird, werden verständlich und präzise herausgestellt.


Der zweite Teil des Moduls widmet sich dem Wirken Otto von Bismarcks als preußischer Ministerpräsident und insbesondere dem von ihm ausgelösten Verfassungskonflikt. Hier wird den Schülern u. a. mittels eines animierten Schemas sehr gut nachvollziehbar veranschaulicht, worin der preußische Verfassungskonflikt und Bismarcks Lückentheorie bestanden. Bismarcks Intentionen und sein politisches Handeln werden erläutert und die Zusammenhänge transparent.


Im dritten Kapitel des Moduls werden die Einigungskriege im Kontext ihrer innenpolitischen Zusammenhänge in Preußen sowie hinsichtlich ihrer nationbildenden Funktionalisierung behandelt.


Eine interessante Option bilden die im Modul 6 enthaltenen Rezitationen historisch relevanter Texte, die auch einige wichtige Reden, z. B. Johann Georg August Wirth beim Hambacher Fest oder Robert Blum in der Paulskirche zu „Polendebatte“ umfassen. Hier bietet sich die Möglichkeit für die Schülerinnen und Schüler, der Quelle so zu begegnen wie die einst teilnehmenden Zeitgenossen, nämlich in gesprochener und nicht - wie gewohnt - in der verschriftlichter Form der Schulbuchquelle. Von daher wäre es auch gut, bei den Rezitationen vor allem Reden aufzunehmen, hingegen auf Druckpublikationen eher zu verzichten.


Zusatzmaterial


Neben den Filmbeträgen gibt es auch bei dieser Publikation, wie von der Anne Roerkohl dokumentaARfilm GmbH gewohnt, einen gesonderten DVD-ROM-Teil mit didaktischen Begleitmaterialien. Die darin enthaltenen Aufgabenblätter sind in zwei Gruppen untergliedert. Die erste dient der Erarbeitung und Festigung des jeweiligen Inhalts des Filmmoduls und die zweite bietet Möglichkeiten zur Vertiefung weiterführender Aspekte. Das umfassende Material in Form von mehrseitigen PDF-Dokumenten ist didaktisch wohl überlegt und abwechslungsreich – der Name Klaus Fieberg bürgt hier für entsprechende Qualität - und lässt sich zusätzlich zu den Filmsequenzen sehr gut im Unterricht einsetzen. Es finden sich darin zahlreiche Textquellen, aber auch viele Karikaturen, die wunderbar analysiert und interpretiert werden können; zudem  wurden wichtige im Film vorkommende Schemata (z. B. zum preußischen Verfassungskonflikt) sowie Karten integriert.


Gut gelungen – und nicht nur für den Inhalt der DVD zu gebrauchen, sondern generell zur Methodenschulung einsetzbar - sind die enthaltenen Methodenkarten, mit deren Hilfe die Schülerinnen und Schüler lernen können, autobiografische Texte, Tagebucheintragungen, Karikaturen, Karten, Statistiken u. a. methodisch korrekt zu erschließen.


Eine Zeitleiste zum historischen Geschehen, Biografien zu den wichtigen Persönlichkeiten sowie eine Literatur- und eine Linkliste runden das umfangreiche Zusatzmaterial ab.


Fazit


Insgesamt stellt diese DVD/DVD-ROM wieder einmal ein durchwegs empfehlenswertes Produkt aus dem Hause Anne Roerkohl dokumemtARfilm GmbH dar, das inhaltlich umfangreich ist und trotzdem zugleich der Lehrkraft die Freiheit lässt, ihre thematischen Schwerpunkte zu setzen.


Informationen zum Autor


Stefan Schuch unterrichtet Deutsch, Geschichte und Sozialkunde am Chiemgau-Gymnasium, Traunstein.

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